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2. - 16. Oktober 2017 Gleichstellung 9
Jobwoche.de
Immer mehr Frauen ergreifen den Arztberuf - Meldung
mittlerweile sogar mehr als Männer. In den
Chefetagen der Krankenhäuser sind Frauen Geheimhaltungspflicht
aber immer noch unterrepräsentiert. für Arzthelfer
FOTO: MONIQUE WÜSTENHAGEN
Geben Arzthelfer Patientendaten an Dritte weiter, müssen sie mit
einer Kündigung rechnen - im Extremfall sogar ohne vorherige
Abmahnung, so das LAG Baden-Württemberg (Az.: 12 Sa 22/16).
hne Lobby in dem Fall ging es um eine Arzthelferin in einer radiologischen Praxis.
in ihrem Arbeitsvertrag war ausdrücklich eine Verschwiegenheitsklau-
Frauenproblem der Kliniken sel enthalten. Als eine Patientin im Oktober 2015 einen Termin absag-
te, rief sie deren Datenblatt auf. Darauf standen der Name und das
Geburtsdatum der Patientin, der zu untersuchende Körperbereich und
das dafür notwendige medizinische Gerät. Die Frau fotografierte das
Datenblatt mit ihrem Handy und leitete es mit dem zusatz «mal sehen,
was die schon wieder hat» weiter an die Tochter. Die Tochter zeigte
im Sportverein die Nachricht ihrer mutter herum. Darüber beschwerte
sich wiederum der Vater der Patientin in der Praxis. in der Folge wurde
der Arzthelferin fristlos gekündigt, dagegen zog die Frau vor Gericht.
erfolg hatte sie damit nicht: Der Arztpraxis sei es aufgrund des
Verhaltens der mitarbeiterin nicht mehr zumutbar gewesen. Die
Weitergabe von Patientendaten sei ein wichtiger Grund für eine außer-
ordentliche Kündigung.
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Hut bekommen. Schackert und Klinik entscheiden. ebenfalls
ihr mann - ebenfalls chirurg - wichtig: wie viele Frauen an der
hatten neben einem Vormittags- Klinik schon in Führungsposi-
kitaplatz eine Kinderfrau und tionen sind. «Daran kann man
eine weitere, die diese vertreten auch von außen erkennen, ob es
konnte. Außerdem koordinierten die Bereitschaft gibt, Frauen zu
die Ärzte ihre Nachtdienste so, befördern.»
dass immer einer zu Hause war.
Kurmeyer zufolge ist wichtig, sich
Auch Prof. marion Haubitz, heute schon früh klarzumachen, wo
Leiterin der medizinischen Klinik man hinwill. Am besten wenden
iii am Klinikum Fulda, hat einen sich Frauen gleich an die
organisatorischen Drahtseilakt Frauenbeauftragte oder den
hinter sich. «ich war die erste Bereich für Personalentwicklung.
Ärztin, die jemals in meiner da- «man muss laut und deutlich
maligen Klinik schwanger wur- sagen, dass man Verantwortung
de.» Sie handelte mit ihrem chef übernehmen und Karriere
aus, dass sie während der Ober- machen will.»
arztdienste mittags nach Hause
gehen konnte. «in meinem Fach Statt im stillen Kämmerlein vor
- der Nephrologie - ging das.» sich hin zu forschen, sei es uner-
lässlich, sich gut mit anderen zu
Unterstützt wurde Haubitz von vernetzen - und dieses Netzwerk
der Frauenbeauftragten ihrer auch zu nutzen. Kommt jemand
Klinik. Sie half der jungen Ärztin, an der Klinik gar nicht weiter,
ein Stipendium für die Habilita- kann auch ein Wechsel sinnvoll
tion zu bekommen. Darauf, ob es sein, sagt Haubitz: «Wir leiden
eine solche Frauenbeauftragte unter einem akuten Ärztemangel,
gibt, sollten ambitionierte Frauen das dürfen Frauen ruhig für sich
achten, wenn sie sich für eine nutzen.»