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8 Ratgeber 12. - 24. Juni 2019
Jobwoche.de
Aus dem Arbeitsrecht
Dürfen Angestellte ihre Der Berufs-Ne
So verschaffen sich Berufseinsteiger
Personalakte einsehen?
Es kann frustrierend sein: Die richtigen Tricks anwenden
In der Personalakte dokumentieren Arbeitgeber neben Gerade hat man die Uni oder
Bewerbungsschreiben, Lebenslauf und Vertragsdoku- die Ausbildung abgeschlos- «Wenn Berufseinsteiger bei
menten zum Teil auch Fehlzeitenübersichten, Abmahnun- sen, hat einen Job gefunden, Meetings übergangen werden,
gen oder Protokolle aus den Mitarbeitergesprächen. Auch startet voller Motivation – und liegt dies daran, dass man sie
für Arbeitnehmer kann es also interessant sein, was der stellt dann fest, dass einen nicht wahrnimmt», sagt Tomas
Arbeitgeber dort sammelt. Dürfen Angestellte ihre Akte Kollegen, Kunden oder Klien- Bohinc, der einen Ratgeber zum
einsehen? Wie sind hier die Regeln? ten manchmal gar nicht als Thema geschrieben hat. Ge-
vollwertigen Mitarbeiter wahr- schickt auffallen, lautet sein Rat -
«Prinzipiell haben alle Arbeitnehmer das Recht, Einblick in die nehmen. etwa, indem man das Protokoll-
Personalakte zu bekommen», sagt Johannes Schipp, Fach- schreiben übernimmt oder sich
anwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh. Das sei einerseits durch Die wichtigsten Ratschläge für um die Technik kümmert.
die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen verbrieft, aber zusätz- Berufseinsteiger - damit dum- Und auch bei der Wortwahl kann
lich auch im Betriebsverfassungsgesetz (§ 83) und zum Teil in me Sprüche, Unsicherheit und man tricksen: Relativierende
Tarifverträgen festgeschrieben. Gilt für ein Unternehmen das Übergangenwerden schnell Formulierungen wie «vielleicht»
Betriebsverfassungsgesetz, könne ein Arbeitnehmer zur der Vergangenheit angehören. oder «ein bisschen» wirken unsi-
Einsicht seiner Personalakte auch ein Betriebsratsmitglied hin- cher. Berufseinsteiger sollten sie
zuziehen, so Schipp. Das Schauspielern lassen am besten weglassen, rät
Ragnhild Struss, Karrierebera-
«Mit der Personalakte sind alle Daten gemeint, die über einen «Extra erwachsen wirken geht terin aus Hamburg.
Arbeitnehmer gesammelt werden, und nicht nur das, was mit schief, und zwar mit hundertpro-
Personalakte gekennzeichnet ist», erklärt der Fachanwalt wei- zentiger Wahrscheinlichkeit»: Einen Mentor suchen
ter. Das können also zum Beispiel auch elektronisch gespei- Beraterin Christina Binsmaier
cherte Daten sein. Ein Arbeitnehmer habe das Recht, bei einer aus München lässt keinen Zwei- Wer sich von einem anderen
Einsicht der Akten Abschriften zu machen oder Kopien zu ver- fel daran, dass man mit großer Kollegen unter die Fittiche neh-
langen. Das hat aber Grenzen: «Anspruch auf Fotokopien einer Klappe und Maßanzug nicht wei- men lässt, hat Vorteile. Erstens
200 Seiten starken Akte kann ein Angestellter wohl nur bei terkommt, wenn man eigentlich hat er bei Fragen eine Vertrau-
einem berechtigten Interesse durchsetzen», so der Anwalt, der gar nicht der Typ dafür ist. Viel ensperson, die ihn in Abläufe und
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deut- wichtiger sei, dass man sich nicht Gepflogenheiten einführt. Zwei-
schen Anwaltverein ist. verbiegt, sondern wohlfühlt. tens kann man mit einem Partner
Das Recht, die Personalakte einzusehen, hat der Arbeitnehmer
jederzeit - im Rahmen der Möglichkeiten. In kleineren Unter-
nehmen könne man nicht davon ausgehen, dass dafür im täg-
lichen Ablauf alles stehen und liegen gelassen wird, so Schipp.
Und auch, wer dreimal pro Woche seine Akte lesen möchte,
verlangt mitunter zu viel. «In der Regel darf der Arbeitnehmer
die Personalakte aber nicht während der Arbeitszeit einsehen»,
fügt der Fachanwalt hinzu.
Endet ein Arbeitsverhältnis, haben Arbeitnehmer üblicherweise
kein Einblicksrecht mehr in ihre Personalakte. «In Einzelfällen
kann es bei berechtigtem Interesse aber möglich sein», sagt
Schipp. Etwa, wenn in der Personalakte Zertifikate einer inner-
betrieblichen Fortbildung abgelegt sind, die ein Arbeitnehmer
für einen beruflichen Nachweis benötigt.
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