Page 12 - JOBS-KOMPAKT NORD
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11. - 24. Sept. 2018
12 Arbeitsrecht & mehr Jobwoche.de
Hintergrund
Angehörige pflegen: Hund im Bü
Chef und Kollegen müssen auf je
Arbeitnehmer können
Hunde bleiben nicht gerne mitnehmen?
sich freistellen lassen allein. Im Büro gefällt es ihnen
dagegen meist außerordent- «Da sollten Arbeitnehmer erst-
Wird ein Angehöriger unerwartet pflegebedürftig, kön- lich gut: Gesellschaft, immer mal den Chef und den unmittel-
nen Arbeitnehmer sich spontan freinehmen, um die wei- mal ein Leckerli und Streichel- baren Vorgesetzten fragen», rät
teren Schritte zu planen. «Wenn es erforderlich ist, weil einheiten. Aus der Sicht so Jürgen Markowski, Fachanwalt
eine akute Pflegesituation besteht, können Angehörige mancher Kollegen verbessert für Arbeitsrecht und Mitglied der
bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernbleiben», sagt er sogar das Büroklima. Doch Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht
Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied andere finden vielleicht, dass im Deutschen Anwaltverein.
der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen der Hund stinkt oder sie haben Denn laut Gesetz (Paragraf 106,
Anwaltverein. sogar Angst vor dem Vier- Gewerbeordnung) darf der Chef
beiner. Dürfen Arbeitnehmer nicht nur Ort und Zeit der Arbeit
Währenddessen können sie zum Beispiel eine stationäre trotzdem ihren Hund ins Büro bestimmen, sondern auch Ord-
oder ambulante Pflege organisieren oder diese Aufgabe
selbst übernehmen. In der Regel erhalten Arbeitnehmer dann
- vergleichbar mit einem unbezahlten Urlaub - in dieser Zeit
kein Gehalt. Der Chef kann als Nachweis eine ärztliche
Bescheinigung verlangen, die die Pflegebedürftigkeit
beweist.
Manchmal entscheiden Arbeitnehmer aber auch, dass sie
sich um einen pflegebedürftigen Angehörigen langfristiger
kümmern wollen. Pflegen sie den Angehörigen zu Hause,
haben sie einen Anspruch auf vollständige Freistellung bis zu
sechs Monate, erklärt Meyer. Dies müssen sie mindestens
zehn Tage vorher dem Chef schriftlich ankündigen. Der Chef
muss der Freistellung zustimmen, wenn er mehr als 15
Beschäftigte hat.
«Der Arbeitgeber zahlt in dieser Zeit in der Regel kein Gehalt,
aber die Pflegeversicherung des Arbeitnehmers oder die pri-
vate Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen tragen die
Beiträge zu der fortbestehenden Sozialversicherung.»
Vorsicht: Befristete Verträge verlängern sich nicht um die in
Anspruch genommene Pflegezeit.
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