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17. - 30. April 2018

10 Arbeitsrecht & mehr Jobwoche.de

Tipps & Co.

Kündigungsschutz greift erst                                     Krankgeschrieben

nach sechs Monaten                                               Erkältung, Magenverstimmung       Restaurantbesuch durchaus in
                                                                 oder gar eine Grippe – man        Ordnung. Wer jedoch beispiels-
In der Probezeit genießen Arbeitnehmer meistens keinen           kann sich allerlei einfangen.     weise wegen einer Magenver-
Kündigungsschutz. Denn dieser tritt erst sechs Monate            Doch müssen Sie, wenn es Sie      stimmung nicht zur Arbeit geht,
nach Beginn des Arbeitsvertrags in Kraft. Darauf weist der       erwischt hat, in jedem Fall zu    dann aber im Fastfood-Restau-
Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hin.         Hause bleiben? Generell gilt:     rant angetroffen wird, muss mit
Im ersten halben Jahr muss der Arbeitgeber sich deshalb für      Wer krank ist, hat die Pflicht,   einer Abmahnung rechnen.
eine Kündigung nicht rechtfertigen. Das gilt unabhängig davon,   sich an die Anweisungen des
ob eine Probezeit vereinbart ist und wie lang diese dauert:      Arztes zu halten und alles zu     Krankschreibung und Sport
Auch bei einer verkürzten Probezeit von drei Monaten zum         unterlassen, was die Gene-        Hat der Arzt Bettruhe verordnet,
Beispiel gilt die Sechs-Monats-Frist für den Kündigungsschutz    sung verzögern oder gefähr-       sollten sich auch Fitnessfanatiker
unverändert.                                                     den könnte. Doch was bedeu-       daran halten. Bei weniger schwe-
                                                                 tet das im Alltag?                ren Erkrankungen können Spa-
Kündigung wegen Haftstrafe                                                                         ziergänge an der frischen Luft
                                                                 Mal schnell zum Einkaufen         heilungsfördernd sein. Dagegen
Ein Arbeitgeber kann das Beschäftigungsverhältnis mit            Der Gang in den Supermarkt        ist ebenso wenig einzuwenden
einem Arbeitnehmer kündigen, der eine Freiheitsstrafe von        oder die Apotheke ist in der      wie gegen leichte Gymnastik.
mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und dessen vorzei-          Regel erlaubt. Ausgedehnte        Sicherheitshalber sollte aber das
tige Entlassung nicht sicher erwartet werden kann.               Shoppingtouren sind tabu. Wer     O.K. des Arztes eingeholt werden.
Gegenstand des Verfahrens war die Kündigungsschutzklage          sich dabei erwischen lässt, ris-
eines jungen Vaters, der wegen seiner Beteiligung an einem       kiert eine Abmahnung und im       Krankschreibung und Arbeiten
versuchten Raubüberfall rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe   Wiederholungsfall sogar die       Solidarität mit den überlasteten
von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden war. Die      Kündigung.                        Kollegen ist sicher löblich. Man
Tat stand in keinem Bezug zu seinem Arbeitsverhältnis als                                          befindet sich allerdings sehr
Bäcker.                                                          Kino gegen Langeweile             schnell in einer rechtlichen Grau-
                                                                 So lange die Genesung nicht       zone, wenn man trotz Krank-
Das LAG wies die Klage im Berufungsverfahren ab. Es ent-         gefährdet wird, ist – je nach     schreibung im Job einspringt.
spreche der ständigen Rechtsprechung, dass ein Arbeitgeber       Krankheit – ein Kino- oder        Denn ein Arbeitnehmer hat sich
eine Kündigung aussprechen darf, wenn zu diesem Zeitpunkt
damit zu rechnen ist, dass der Arbeitnehmer länger als zwei      ANZEIGE
Jahre ausfallen wird. Als er die Freiheitsstrafe antrat, habe
nicht sicher festgestanden, ob er seine Strafe vollständig ver-
büßen oder beispielsweise früh in den offenen Vollzug wech-
seln würde. Entwicklungen in der Vollzugszeit, die erst nach
der Kündigung eintraten, seien nicht erheblich, so die ARAG
Experten (LAG Wiesbaden, Az.: 8 Sa 146/17).

Verpflichtende Weiterbildung

muss Arbeitgeber zahlen

Ordnet der Arbeitgeber eine verpflichtende Weiterbildung
an, muss er in der Regel die Kosten dafür tragen. Darauf
weist Hans-Georg Meier hin, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus
Berlin. Außerdem muss er Arbeitszeit dafür investieren. Ein
Arbeitgeber kann die Teilnahme an einer Fortbildung verlan-
gen, wenn er ein sachliches Interesse daran hat. Das gilt zum
Beispiel, wenn der Arbeitgeber eine neue Produktlinie einführt
- und Mitarbeiter dafür geschult werden müssen. Das ergebe
sich unter anderem aus Paragraf 241 Absatz 2 Bürgerliches
Gesetzbuch (BGB).
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