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20 Junge Karriere 17. - 30. März 2020
Jobwoche.de
Gut zu wissen «Wann
wirst du
Aufgabe vergeigt: Fehler als endlich
fertig?»
Azubi offen kommunizieren
Mit Druck im Studium
Auszubildende sollten offen damit umgehen, wenn ihnen ein
Fehler unterläuft. Das erklärt Psychologin Anne Kissling im Studienjahre können die mit vielen Präsenzstunden, der
Azubi-Magazin «Young Look» (Ausgabe 01/2020) der Berufs- schönste Zeit im Leben sein. Leistungs- und Lerndruck und
genossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Die Schule ist geschafft, un- nicht zuletzt auch die Konkur-
(BGW). geliebte Fächer sind Vergan- renz zu anderen Kommilitonen
genheit. Selbst gewählte Stu- bedrückten die junge Frau. Sie
Sie empfiehlt, dem Ausbildungsleiter oder Verantwortlichen neutral dienfächer und möglicher- teilte ihren Kummer zuerst mit
zu schildern, was passiert ist. Denn nur so könne die Führungskraft weise auch der Auszug aus Freunden, suchte dann Bera-
noch eingreifen. Azubis zeigen so auch, dass sie Verantwortung dem Elternhaus verheißen tung beim Studentenwerk und
übernehmen. Am besten erklären Azubis im Gespräch, aus wel- Freiheit und die Chance, die schließlich, weil sie nicht weiter-
chen Gründen sie so gehandelt haben. Dann können Vorgesetzte Weichen fürs Berufsleben kam, beim Psychotherapeuten.
oder Ausbilder Rückmeldung geben, wie schwerwiegend der Fehler zustellen.
war und wie man in Zukunft in ähnlichen Situationen am besten rea- Mit dieser Begleitung traf sie die
giert. Womöglich stellt sich auch heraus, dass alles harmloser ist als Doch die Zeit an der Hochschu- Entscheidung, ihrem Fach treu
gedacht. Wer schon falsche Anweisungen von Kolleginnen oder le kann stressig werden. Selbst zu bleiben. Doch sie wechselte
Vorgesetzten bekommen hat, wodurch der Fehler erst passiert ist, die motiviertesten Studieren- an die Ludwig-Maximilian-Uni-
sollte die Schuld trotzdem nicht anderen in die Schuhe schieben. den kämpfen nicht selten mit versität (LMU). Dort hat sie nun
Kissling rät, das besser im direkten Gespräch mit den Kollegen zu Selbstzweifeln, viele verspüren ihr Pensum entschärft, sieht zu,
klären und zu erläutern, wie es einem damit ergangen ist. hohen Erwartungsdruck, ihr dass sie ihre Kräfte besser ein-
Studium zügig zu beenden. teilt. «Ich glaube, ich habe zu
Tipps & Co lang gezögert, mir Hilfe zu ho-
So wie Chemiestudentin Anna len», meint sie im Rückblick.
Mut zu fragen: Netzwerk kann Lee (Name geändert). «Obwohl
ich das Fach selbst nach einer Druck von außen -
bei Ausbildungsplatzsuche helfen sorgfältigen Orientierungspha- und von innen
se ausgesucht habe, ist mir die Zahlen des Deutschen Studen-
Und was machst du so? Wer mit Menschen kommuniziert und Freude abhanden gekommen», tenwerks (DSW) machen deut-
sich für sein Gegenüber interessiert, bekommt oft nützliche erzählt die 24-Jährige. Bis zum lich, dass Bedarf besteht: Die
Informationen. Bereits Schüler können vom Netzwerken profi- siebten Semester hat sie an der psychologischen Beratungs-
tieren - etwa bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Technischen Universität Mün- stellen der Studentenwerke
chen (TUM) durchgehalten. haben 108.800 Beratungskon-
«Netzwerken ist für mich, Leute um mich zu sammeln, die mir hel- takte im Jahr 2017 verzeichnet.
fen können», erklärt Personalberater Gunnar Belden auf dem Por- Bei Problemen nicht zögern Verglichen mit dem Jahr 2006
tal «Planet-Beruf» von der Bundesagentur für Arbeit. Gerade in der Unter Mühen - die Arbeitslast sei das eine Steigerung von 60
Phase der Berufsorientierung ist ein Netzwerk wichtig. «Durch den
Austausch mit anderen Menschen lernen wir etwas aus ihren
Erfahrungen und können diese für uns nutzen», erläutert Belden.
Kommunikation gilt in fast allen Berufen als Schlüsselkompetenz -
die Regeln dafür könne man lernen und üben. Man sollte nur keine
Angst davor haben, Fragen zu stellen. «Die meisten Menschen
geben und helfen gerne.»
Wer ein Netzwerk aufbauen will, sollte selbst immer hilfsbereit und
höflich sein - das gilt im täglichen Miteinander und im Netz. Online-
Plattformen eignen sich besonders für Menschen, die Hemmungen
haben, auf andere zuzugehen. Wenn man sich da präsentiert und
vertreten ist, können andere auf einen zukommen. Das Wichtigste
sei aber Timing: «Ich muss zur richtigen Zeit im Kopf der richtigen
Person sein», erklärt Belden. Und dafür müsse man sichtbar sein.