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10. Juli - 27. Aug. 2018 Arbeitsrecht & mehr
Jobwoche.de 13
Hintergrund
Wechsel in anderen Bereich:
Zustimmung des Betriebsrats nötig
Ein Arbeitnehmer muss nicht unbedingt an einen anderen
Standort wechseln, damit eine Versetzung vorliegt. Auch
wenn er neue Aufgaben innerhalb eines Unternehmens
bekommt oder in eine andere Abteilung geht, kann es sich
um eine Versetzung handeln. Dann ist in der Regel die
Zustimmung des Betriebsrates und oft auch des Arbeit-
Whistleblowing meint nehmers erforderlich. Das geht aus einem Beschluss des
zu Deutsch soviel wie Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Az.: 4 TaBV 113/16)
verpfeifen. Verstanden hervor, über den der Bund-Verlag berichtet.
wird darunter das Auf- In dem verhandelten Fall ging es um ein Callcenter, das den
decken illegaler Prakti- Kundenservice für einen Postdienstleister übernimmt.
ken - zum Beispiel am Bisherige Praxis der Firma war es, Beschäftigte je nach
Arbeitsplatz. F O T O : Arbeitsaufkommen für kurze oder längere Zeit von dem Bereich
FRANZISKA GABBERT für Privatkunden in die Abteilung für Geschäftskunden zu ver-
setzen. Wobei Angestellte im Bereich für Geschäftskunden
zusätzlich aktiv nach neuen Kunden suchen mussten. Der
Betriebsrat des Unternehmens ließ vor Gericht klären, ob das
ef betrügt zustimmungspflichtige Versetzungen sind - und bekam Recht.
Denn die Mitarbeiter wechselten in einen anderen Arbeitsbe-
reich. Solchen Versetzungen muss der Betriebsrat zustimmen.
ist ziemlich komplex Nach der Ausbildung ohne Job -
Verstöße gegen Gesetze oder Öffentlichkeit zu wenden, ist im Eltern müssen nicht immer zahlen
Ethik-Kodizes - wie ein Hinweis Zweifel erst die letzte Option.
auf Untreue oder Betrug. Der Rest Dennoch: Wer Grund zur Finden Kinder nach einer Ausbildung keinen Job, müssen
seien personalbezogene Themen. Annahme hat, dass es in der Eltern sie nicht weiterfinanzieren. Volljährige Kinder müs-
Zunächst sollten Arbeitneh- Firma illegale Machenschaften sten nach Abschluss ihrer Ausbildung selbst für sich sor-
mer versuchen, Missstände gibt und glaubt, dass eine interne gen, entschied das Oberlandesgericht Hamm.
intern anzusprechen, erklärt Meldung nichts bringt, darf direkt Denn das allgemeine Risiko der Nichtbeschäftigung nach der
Prof. Gaul. Aus dem Arbeitsver- zu Behörden gehen oder die Ausbildung dürfe den Eltern nicht angelastet werden.
trag ergebe sich eine Pflicht zur Medien einschalten, wenn die Ausnahmen gebe es etwa, wenn der erlernte Beruf aus nicht
Rücksichtnahme gegenüber dem Angelegenheit von öffentlichem vorhersehbaren Gründen wie einer Erkrankung nicht ausgeübt
Arbeitgeber. Wer etwa sieht, Interesse ist. Eine Kündigung werden könne (Az.: 7 UF 18/18).
dass auf dem Gelände Öl aus- aus diesem Grund ist nicht zuläs-
läuft oder ein Einkäufer teure sig. Darauf weist Hans-Georg
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Geschenke annimmt, geht am Meier hin, Fachanwalt für Ar-
besten erst einmal zu seinem beitsrecht aus Berlin. Er bezieht
Vorgesetzten. sich dabei auf ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für
Pflicht zur Rücksichtnahme Menschenrechte von 2011 (Az.:
EGMR, 21.07.2011, 28274/08).
Ist der Vorgesetzte selbst in Dieses Urteil hat die Rechte
die Machenschaften verstrickt, von Arbeitnehmern gestärkt -
ist das jedoch keine Option. und trotzdem ist die Situation für
Dann wenden sich Mitarbeiter sie heikel: Beschuldigen sie
am besten an den Vorgesetzten jemanden zu Unrecht, müssen
ihres Chefs, an die Geschäfts- sie im schlimmsten Fall eine
führung, oder sie gehen zum Abmahnung oder Kündigung hin-
Betriebsrat, empfiehlt Prof. Gaul. nehmen. Außerdem können sie
Eine Strafanzeige bei der Polizei sich schadenersatzpflichtig
zu stellen oder sich an die machen, erklärt Prof. Gaul.