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12. - 25. Juni 2018
Arbeitsrecht & mehr 13Jobwoche.de
Der Sommer ist da - und verwandelt viele Hintergrund
Büros in eine Sauna. Doch es gibt einen Unrechtmäßige Versetzung
rechtlichen Rahmen für Hitze am Schreib-
tisch. FOTO: CYRIL COMTAT
Arbeitgeber dürfen ihre Angestellten versetzen. Allerdings
nicht von einem Tag auf den anderen und vor allem nicht
über mehr als hundert Kilometer. Denn Versetzungen an
andere Standorte sind zwar möglich. Allerdings gibt es
dabei Grenzen, erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund
(DGB) und verweist auf ein Urteil des Landesarbeits-
gerichts Berlin-Brandenburg (Az.: 2 Sa 965/17).
nicht mehr In dem Urteil ging es um einen Lagerarbeiter, der von seinem
Arbeitgeber die Kündigung erhielt. Dagegen zog er vor Gericht.
ein gutes Betriebsklima sorgen Das Unternehmen nahm die Kündigung daraufhin zurück.
Gleichzeitig wies es den Mitarbeiter aber an, sich am nächsten
zusätzliche Maßnahmen ergrif- ASR geben, wenn Arbeitsräume Tag nicht wie bisher an der Niederlassung im brandenburgi-
fen werden. Eine Pflicht, weitere sich auf mehr als 35 Grad erwär- schen Zossen einzufinden, sondern an der im etwa 170
Schutzvorkehrungen zu treffen, men. Strengere Regeln gelten für Kilometer entfernten Dresden - um 7.00 Uhr morgens.
besteht bei Raumtemperaturen Personengruppen wie Schwan- Das tat der Arbeitnehmer nicht, stattdessen trat er am nächsten
von mehr als 30 Grad. Die gere oder stillende Mütter. Morgen in Zossen zum Dienst an - und erhielt eine
Arbeitsstättenrichtlinie schlägt Voraussetzung: Sie legen ein Abmahnung. Etwas zu tun gab es in Zossen nicht für den
hier eine Verlagerung der Ar- ärztliches Attest vor, das eine Arbeiter, deshalb ging er nach Hause - und erhielt gleich die
beitszeit oder das Bereitstellen bestimmte Raumtemperatur for- zweite Abmahnung. Als er dann am nächsten Morgen wieder
von Klimageräten und Trinkwas- dert. Kann der Arbeitgeber dies nicht in der Dresdener Niederlassung erschien, kündigte ihm
serspendern vor. Auch den nicht ermöglichen, haben die der Arbeitgeber.
Dresscode sollten Arbeitgeber Betroffenen Anspruch auf Arbeit Abmahnungen und Kündigung waren jedoch unzulässig, ent-
bei derartiger Hitze lockern. an einem kühleren Ort oder schied das Gericht: Die Versetzung nach Dresden sei eine
sogar auf Freistellung. sogenannte unbillige Weisung gewesen. Der Mann habe ihr
Überstunden abbummeln Ungeachtet aller rechtlichen nicht folgen müssen. Deshalb sei das Nicht-Erscheinen in
Verpflichtungen treffen etliche Dresden auch keine Arbeitsverweigerung. Laut Arbeitsvertrag
Bei wirklich hohen Temperaturen Unternehmen ohnehin Vorkeh- habe das Unternehmen zwar das Recht, seinen Angestellten
helfen all diese Maßnahmen rungen für heiße Tage. Oft wer- zu versetzen. Dabei müsse es aber die persönlichen Umstände
dennoch nur bedingt. Daraus den Lösungen gemeinsam mit des Mitarbeiters berücksichtigen.
dürfen Arbeitnehmer jedoch den Betriebsräten gefunden. Das habe es hier nicht getan: Erstens hatte der Mann keinen
keine eigenen Regeländerungen Neben der Verlagerung der Führerschein, für die Fahrt von Zossen nach Dresden hätte er
ableiten oder sich gar Hitzefrei Arbeitszeit in kühlere Stunden, deshalb fünf Stunden gebraucht. Zweitens arbeitete er gleich-
nehmen. Eine solche Selbst- zusätzliche Pausen, eine vorü- zeitig als Pferdewirt und musste sich auf dem heimischen Hof
Beurlaubung ist eine Verwei- bergehende Verkürzung der um Tiere kümmern. Beides wusste der Arbeitgeber, nahm aber
gerung der Arbeitsleistung und Arbeitszeit - beispielsweise trotzdem keine Rücksicht darauf - und konnte gleichzeitig nicht
hat im schlimmsten Fall die frist- durch das Abbummeln von gut genug begründen, warum er den Mann nur in Dresden ein-
lose Kündigung zur Folge. Überstunden oder Betriebsferien setzen konnte.
- ist auch ein herunterreguliertes
Hitzefrei ab 35 Grad Arbeitstempo möglich. ANZEIGE
Hitzefrei kann es aufgrund der Text: Tobias Werner/Raufeld