Resturlaub verjährt

Resturlaub verjährt
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Die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern sind im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) genaustens geregelt. Seit einigen Jahren ist auch der Resturlaub aus dem Vorjahr geschützt und darf nicht mehr automatisch verfallen. Was genau gilt und welche Ausnahmen es gibt, erklärt ARAG Experte Tobias Klingelhöfer.

 

Wie viel bezahlter Jahresurlaub steht Arbeitnehmern zu?

 

Tobias Klingelhöfer: Grund­sätz­lich hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf vier Wochen be­zahlten Erholungsurlaub im Jahr. Das sind bei einer Sechs-Tage-Woche 24 Werktage pro Kalen­derjahr und bei einer 5-Tage-Woche erhalten Arbeitnehmer 20 Arbeitstage Urlaub.

 

Was geschieht mit Urlaubstagen, die am Ende des Jahres noch übrig sind?

 

Tobias Klingelhöfer: Nach Mög­lichkeit sollte der Jahresurlaub im laufenden Kalender genommen werden, denn er ist ja dazu da, dass sich Arbeitnehmer erholen. Wenn es aber dringende persönliche oder betriebliche Gründe gab, weshalb der Urlaub nicht vollständig genommen werden konnte, darf der Resturlaub bis zum 31. März ins Folgejahr mitgenommen werden. Diese Tage werden dann zum neuen Jah­res­urlaub hinzugezählt.

 

Können restliche Urlaubstage verfallen?

 

Tobias Klingelhöfer: Seit einem Urteil des Europäischen Ge­richts­hofes vor einigen Jahren (Az.: C 619/16 und C 684/16) dürfen Urlaubsansprüche am Jah­resende nicht mehr automatisch verfallen, wenn Arbeit­neh­mer nicht alle Tage ausgeschöpft haben. Es liegt seither in der Verantwortung von Arbeitgebern, ihre Mitarbeiter explizit und nachweislich darauf hinzuweisen, dass nicht genutzte Urlaubstage am Jahresende verfallen. Gleich­zeitig müssen sie ihren Mitar­beitern natürlich auch die Mög­lichkeit einräumen, die restlichen Urlaubstage im laufenden Kalen­derjahr zu nehmen. Erst dann kann der Resturlaub verfallen. Kurz vor Weihnachten soll es allerdings eine Grundsatzent­scheidung des Bundesarbeits­gerichtes darüber geben, ob Resturlaub gar nicht mehr verjähren darf. Das könnte sogar rückwirkend der Fall sein, so dass Arbeitnehmer noch An­spruch auf jahrealten Urlaub haben.

 

Müssen nicht genommene Urlaubstageausgezahlt werden?

 

Tobias Klingelhöfer: Grund­sätz­lich gilt, dass Resturlaub nicht finanziell abgegolten werden darf. Denn es soll ja verhindert werden, dass Arbeitnehmer durch finanzielle Anreize auf ihren Erho­lungsurlaub verzichten. Wer sich seinen Resturlaub auszahlen lassen möchte, hat beispielsweise dann einen An­spruch darauf, wenn er aus dem Unternehmen ausscheidet und noch alten Urlaub übrig hat. Dann spricht man von Urlaubs­ab­­gel­tung.

 

Was geschieht mit Überstunden am Jahresende?

 

Tobias Klingelhöfer: Über­stun­den verfallen in der Regel erst nach drei Jahren. Es gibt allerdings keine gesetzliche Re­ge­l­ung darüber, bis wann Über­stunden abgebaut oder bezahlt werden müssen. Durch entsprechende Klauseln in Arbeits­verträgen oder Tarifverträgen kann der An­spruchs­zeitraum auf bis zu drei Monate verkürzt werden. Im Nor­malfall müssen Ar­beitgeber Über­stunden allerdings vergüten. Oft ziehen es Arbeit­geber aber vor, die Über­stunden ihrer Angestellten durch einen sogenannten „Frei­zeit­ausgleich“ abzubauen. Der muss allerdings vertraglich festgehalten sein, damit er rechtsgültig ist. Steht im Arbeitsvertrag eine Klausel, die den Abbau von Überstunden durch Freizeit­aus­gleich untersagt, dann bleibt dem Chef nichts anderes übrig, als für geleistete Überstunden zu be­zah­len.

 

Haben Arbeitnehmer ein Recht auf halbe Urlaubstage?

 

Tobias Klingelhöfer: Arbeit­ge­ber sind nicht dazu verpflichtet halbe Urlaubstage zu gewähren, auch wenn sie grundsätzlich Urlaubswünsche ihrer Arbeit­neh­mer berücksichtigen müssen. In einem konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer über viele Jahre durchschnittlich zehn halbe Ur­laubstage pro Jahr gewährt be­kommen, um seiner Familie bei der Weinernte zu helfen. Doch irgendwann genehmigte der Chef nur noch maximal sechs halbe Urlaubstage im Jahr. Der Ar­beit­neh­mer klagte mit dem Ar­gu­ment, dass es von Beginn an diese Regelung gegeben habe, wo­durch eine betriebliche Übung entstanden sei. Doch davon ist erst die Rede, wenn alle Be­triebs­angehörigen oder zumindest eine große Gruppe der Arbeitnehmer davon Gebrauch machen (Lan­des­arbeitsgericht Baden-Würt­temberg, Az.: 4 Sa 73/18).