Gerüchteküche - Gefahren des Flurfunks
Es wird getuschelt, getratscht, gelästert: In Unternehmen kursieren mitunter wilde Geschichten. Wahr sind sie nicht unbedingt. Wie geht man als Mitarbeiter mit dem Flurfunk um? Experten geben Tipps.
Berlin/Freiburg (dpa/tmn) - «Hast du schon gehört? Die Chinesen wollen den Laden hier übernehmen!» - «Kennst du den Müller aus der Buchhaltung? Der ist verheiratet, hat zwei kleine Kinder und hat sich bei der Weihnachtsfeier die neue Teamleiterin geangelt!» So oder so ähnlich beginnen im Job viele Geschichten aus der Gerüchteküche. Das ist zwar ganz unterhaltsam. Aber mitmischen ist nicht immer harmlos.
Denn das Wenigste davon entspricht eins zu eins der Wahrheit. Schließlich funktioniert der Flurfunk ähnlich wie Stille Post: Lücken werden logisch ergänzt, wie Coach Gabriele Bringer vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen erklärt. «Die Information wird bei jeder Weitergabe um eine Nuance verändert, so entfernt sich der Flurfunk von der Wahrheit, aber es wird nicht bewusst gelogen.»
Vielleicht übernehmen nicht die Chinesen den Laden, sondern die Führungsetage wird um einen Mitarbeiter mit asiatischen Wurzeln ergänzt. Der Müller und die neue Teamleiterin haben sich vielleicht nur angeregt über den Nachwuchs ausgetauscht.
Flurfunk verbindet - kann aber auch ausgrenzen
Um es positiv zu sehen: Flurfunk ist laut Coach und Autor Bernd Wittschier verbindend: «Es ist einfach schön, mit Kollegen über jemanden zu reden. Das schafft Gemeinsamkeiten auch mit Leuten, mit denen man sonst nichts gemeinsam hat.»Das Problem: Die Informationen werden in der Regel nicht hinterfragt. Es sei verrückt, was Menschen übereinander glauben, sagt Bringer.
Im weitesten Sinne um Dienstliches gehe es im Flurfunk oft, wenn Dinge im Unternehmen unklar sind, so Wittschier. Er nennt das Beispiel einer anstehenden Fusion. «Wenn man nicht weiß, wo es hingeht, schürt das Ängste: Was passiert mit mir als Arbeitnehmer?» Geschichten entstehen und machen die Runde. Das kann zu Demotivation und Frustration führen und sogar Kündigungen nach sich ziehen.
Wo viel geklatscht wird, läuft etwas schief
Eine klare Grenze zwischen harmlosen Geschichten und Tratsch, der das Arbeitsklima gefährdet, ist nicht leicht zu ziehen. Laut Wittschier sei Klatsch meist grundsätzlich ein Zeichen dafür, dass etwas schiefläuft. Dass das Arbeitsklima schlecht ist, merke man mitunter daran, dass die verbale Kommunikation einen konfrontativen Stil bekommt, sagt Wittschier. Damit meint er Aussagen etwa über Kollegen oder Vorgesetzte wie «Sollen die doch sehen, wie sie klarkommen».
Sich wegzuducken und nicht mehr mit anderen kommunizieren zu wollen, ist ebenfalls Zeichen für ein vergiftetes Arbeitsklima. Das kann dann Ursache für Fehler sein. Wenn es so weit gekommen ist, rät der Coach zum offenen Gespräch. «Auch wenn man es nicht glaubt: Oft lassen sich auch noch so verfahrene Situationen kitten.»
Wer nicht mittratscht, ist kein Spielverderber
Am besten ist es, sich am Flurfunk möglichst gar nicht zu beteiligen, meint Coach und Etikette-Expertin Elisabeth Bonneau. Sie rät, den Flurfunk nicht mit Ablehnung zu blockieren und Kollegen nicht mit Belehrungen vor den Kopf zu stoßen. Stattdessen könne man sich die Geschichten anhören, mit einem freundlichen «ach, interessant» quittieren, das Gehörte aber für sich behalten.
Andere Regeln gelten für Vorgesetzte: «Als Chef sollte man auf jeden Fall der Spielverderber sein und Klatsch und Tratsch unterbinden», betont Bonneau. Wenn jemand trotzdem erzählt, kann die Vorgesetzte fragen: «Was stellen Sie sich jetzt vor, was ich mit dieser Information mache?» oder auch: «Würden Sie der Person das auch ins Gesicht sagen?»
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