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28. Aug. - 10. Sept. 2018

12 Arbeitsrecht & mehr Jobwoche.de

Hintergrund

 Elf Stunden Ruhezeit sind Pflicht                                  Immer noch
                                                                    Überstunden - Was rechtlich gilt
   Schichtdienst geht an die Reserven - und kann sogar krank
   machen. Deshalb sind die Auflagen für den Dienstplan             Bei Überstunden ist die rechtli-    den die geleisteten Stunden nicht
   streng. Zwischen zwei Schichten muss eine Ruhezeit von           che Lage nicht immer eindeu-        erfasst. Je nach Unternehmen
   elf Stunden liegen, und für Sonntage gibt es Ersatzruhe-         tig. Umso wichtiger ist es,         und Position sind Überstunden
   tage. Maximal zehn Stunden am Stück dürfen Beschäftigte          dass Arbeitnehmer ihre Zeiten       mit dem Gehalt abgegolten -
   laut Arbeitszeitgesetz arbeiten - wenn sie zwischendurch         auch selbst erfassen. In vielen     Klauseln im Arbeitsvertrag regeln
   Pausen machen. «Wobei die zehn Stunden auch nur zuläs-           Unternehmen sind sie mehr           das scheinbar.
   sig sind, wenn Sie das im Durchschnitt dann wieder auf           die Regel als die Ausnahme -        Nicht immer sind sie erlaubt:
   acht Stunden reduzieren», erklärt Nathalie Oberthür,             so weit das Gefühl. Doch das        «Klauseln eines vom Arbeitgeber
   Rechtsanwältin in Köln.                                          Pensum der geleisteten Über-        vorformulierten Arbeitsvertrags
                                                                    stunden in Deutschland ist in       können ähnlich wie Allgemeine
   Ausnahmegenehmigungen für bspw. Zwölf-Stunden-Schichten          den vergangenen Jahren stabil       Geschäftsbedingungen unzuläs-
   sind rechtlich möglich. «Solche Systeme haben den Vorteil,       geblieben: «Wenn man sich           sig sein», sagt Jürgen Markows-
   dass die Leute nur noch etwa drei Tage die Woche arbeiten        die Gesamtheit von bezahlten,       ki, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
   müssen», sagt Arbeitszeitberater Andreas Hoff aus Potsdam.       unbezahlten Überstunden und         «Bei der pauschalen Abgeltung
   Viele Firmen bemühen sich um individuelle Lösungen. «Ein         Überstunden, die mit Freizeit       von Überstunden ist die Re-
   Schichtplan ist immer eine Einzelanfertigung, wenn man es gut    abgegolten werden, ansieht,         gelung intransparent und somit
   macht», sagt Hoff. Das gilt auch für Teilzeitarbeit im           dann blieb die Zahl seit der        unzulässig.»
   Schichtdienst. Die Arbeitszeitsysteme sollte man so einfach wie  Wiedervereinigung weitge-           In der Theorie kann ein
   möglich halten. Also: «Teilzeitbeschäftigten darin mehr freie    hend konstant», sagt Prof.          Mitarbeiter den Chef trotzdem
   Tage zu geben, sie aber ansonsten im jeweiligen                  Enzo Weber vom Institut für         auffordern, Überstunden zu
   Schichtsystem lassen», rät der Arbeitsberater                    Arbeitsmarkt- und Berufsfor-        bezahlen: Der Arbeitnehmer
                                                                    schung in Nürnberg.                 müsse dann aber belegen kön-
 Chef hat Fürsorgepflicht                                           Es gab aber eine Verschiebung:      nen, dass er die Überstunden
                                                                    Bezahlte Überstunden haben          entweder nach Anordnung gelei-
   Vorgesetzte sind verpflichtet zu reagieren, wenn sich ein        sich halbiert - dafür gibt es dop-  stet hat oder dass sie nötig
   Mitarbeiter am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlt. Solche      pelt so viele Überstunden, die      waren, der Arbeitgeber davon
   Vorwürfe müssen sie prüfen und die eventuelle Belästigung        abgefeiert werden können. Ein       wusste und es gebilligt hat,
   unterbinden. Dies verlange die Fürsorgepflicht des               Trend geht zu Arbeitszeitkonten -   erklärt Markowski.
   Arbeitgebers, erklärt Nina Bogenschütz, Fachanwältin für         doch bei vielen Mitarbeitern wer-   Kann ein Arbeitnehmer erwarten,
   Arbeitsrecht, im «Personalmagazin». Reagiert der Arbeitgeber
   nicht, können Betriebsrat und Gewerkschaft gerichtlich gegen
   ihn vorgehen. Mögliche Maßnahmen seien eine Abmahnung,
   Umsetzung, Versetzung oder eine Kündigung des
   Beschäftigten, der jemanden sexuell belästigt hat.

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