Nicht nur für Leseratten
Köln - Wer sich gar nicht fürs Lesen interessiert, hat es in diesem Beruf schwer: Buchbinder arbeiten in Buchbindereien und Verlagen, aber auch in großen Bibliotheken. Sie stellen neben Büchern Kassetten etwa für Münzen oder Parfüms her. Auch in der Reparatur und Konservierung sind Buchbinder tätig. Sie erneuern verschlissene Bücher und restaurieren wertvolle Schriften. «Die Buchbinderei ist ein abwechslungsreicher Beruf. Man muss flexibel sein, immer wieder nach Lösungen für unterschiedlichste Probleme suchen», sagt Frank Dowerg. Er ist Obermeister der Buchbinder-Innung Berlin-Brandenburg.
Die Ausbildung dauert drei Jahre. Einen bestimmten Schulabschluss braucht es nicht, allerdings hatte 2013 mehr als jeder zweite Ausbildungsanfänger (52 Prozent) die Hochschulreife. «Man muss mit Materialien umgehen können», erzählt Dirk Jachimsky, Inhaber der Buchbinderei Edmund Schaefer in Köln. Wichtig seien für den Beruf neben räumlichem Vorstellungsvermögen Grundkenntnisse in Mathe, etwa für die Materialberechnung.
Valerie Abraham lernt bei Edmund Schaefer. Sie fand ihren Traumberuf zufällig. Auf der Suche nach einer Ausbildung wollte sie nach dem Abitur «etwas mit Medien» machen, erzählt sie. Obwohl man dabei heute zuallererst an neue Medien denkt, arbeitet Abraham heute in einem Beruf, der bis in die Antike zurückreicht. Die 23-Jährige ist derzeit im dritten Jahr ihrer Ausbildung.
Da Buchbinder meist in kleinen Betrieben individuelle Einzelstücke oder Kleinstauflagen maschinell und in Handarbeit herstellen, sind handwerkliche und gestalterische Fähigkeiten wichtig. «Es kommt auf Kreativität und Geschick an», sagt Paul Ebsen von der Bundesagentur für Arbeit. Auch Geduld brauche man, sagt die Auszubildende Abraham: «Für ein Buch muss man mindestens drei Tage rechnen. Eine Woche bis zehn Werktage sind Standard.»
Ganz ohne körperliche Anstrengung geht es in der Buchbinderei nicht, ergänzt Hans-Dieter Jung, der als Vorstandsmitglied im Bund Deutscher Buchbinder zuständig für den Bereich Ausbildung ist. Darüber hinaus arbeite man viel im Stehen, was anstrengend sein kann.
Der traditionsreiche Beruf ist heute ein Exot. «Das Handwerk wurde durch die Digitalisierung ziemlich gebeutelt», sagt Dirk Jachimsky. 2013 begannen laut Informationen der Arbeitsagentur nur 51 Lehrlinge ihre Ausbildung.
Während der Ausbildung verdient man laut Arbeitsagentur zwischen 366 und 406 Euro im ersten Lehrjahr und zwischen 446 und 506 Euro im dritten. Das spätere Gehalt variiert je nach Betrieb und Bundesland. Das Einstiegsgehalt, sagt Jachimsky, liege bei rund 1700 Euro. Es kann aber auch deutlich weniger sein.
Das Wichtigste für sie sei, nach der Ausbildung eine Stelle zu finden, erzählt Valerie Abraham. Später würde sie gerne in der Restaurierung arbeiten, sich dafür in einer Fortbildung oder einem Teilzeitstudium neben der Arbeit qualifizieren. Sie mag es, «alte Bücher wieder aufzumöbeln». Ihr Tipp für den Traumjob? «Man sollte auch am Lesen interessiert sein. Wenn man sich mit dem Produkt so gar nicht identifizieren kann, ist es schwierig.»