Grüne Berufe für die Generation Greta
Freitags demonstrieren und sich für eine bessere Welt einsetzen: Klimaschutz steht hoch im Kurs bei Jugendlichen. Aber spielt das Thema auch bei der Suche nach dem Ausbildungsplatz eine Rolle?
Bonn/Berlin (dpa/tmn) - Mit Fridays for Future hat plötzlich eine ganze Schülergeneration eine Agenda, so scheint es: Umweltschutz steht bei Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. «Sämtliche Jugendstudien weisen das Thema als eines der Topthemen aus», sagt Krischan Ostenrath, Koordinator des Netzwerks Grüne Arbeitswelt. «Das sieht man ja auch an den Jugendlichen, die freitags auf die Straße gehen.»
Liegt es da nicht nahe, das Thema auch zum Beruf zu machen - und die Begeisterung für grüne Themen mit in die Ausbildung zu nehmen? Es gebe eine Lücke zwischen dem ehrenamtlichen Engagement wie es bei Fridays for Future an den Tag gelegt wird und der Vorstellung, dass man sich auch beruflich damit beschäftigen kann. «Das haben viele Jugendliche noch zu wenig auf dem Radar», sagt Ostenrath.
Grüne Aspekte im Traumberuf finden
Das Netzwerk Grüne Arbeitswelt will hier ansetzen. Es ist der Versuch, die vielen Initiativen, die es bereits zum Thema gibt, zu bündeln, erklärt Ostenrath. Denn es ist gar nicht so einfach, in der Vielfalt der Ausbildungsberufe den richtigen Weg zu finden.
Wer auch im Berufsleben Wert auf Umweltschutz legt, hat viele Möglichkeiten. «Es gibt nicht so eindeutig Berufe, von denen man sagen kann, das ist per se grün», stellt Ostenrath klar. Die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker etwa habe in der klassischen Variante nicht viel mit Umweltschutz zu tun. Wer sich aber auf die Hochvolttechnik spezialisiert, handelt schon eher im Sinne des Klimas.
Ähnlich sieht es mit anderen gängigen Ausbildungsberufen aus, zum Fachinformatiker oder Elektroniker etwa. «Die können einen Bezug zum Thema haben, müssen es aber nicht.» Es sei dann abhängig vom Betrieb, inwiefern zum Beispiel das Thema Smart Houses eine Rolle spielt. Jugendliche sollten daher besser umgekehrt vorgehen: Zuerst überlegen, was sie gut können - und dann sehen, wo ihr Platz im Umweltschutz ist. «Jeder Pott findet da sein Deckelchen.»
Mühsame Suche nach dem passenden Arbeitgeber
«Eigentlich kommt man mit jedem Beruf in den grünen Bereich. Ich muss nur wissen, wie», so Ostenrath. Einen nachhaltig agierenden Ausbildungsbetrieb zu finden, könne aber durchaus mühsam sein. «Es gibt kein Label oder kein Schild an der Tür. Interessierte müssen selbst recherchieren, genau prüfen und kritisch nachfragen, wo die Ausbildungsschwerpunkte sein werden.» Ostenrath empfiehlt, den Betrieb einfach mal anzugucken. «Ein Praktikum hilft immer, zwei Wochen einfach mal reinschnuppern.»
Katharina Reuter, Geschäftsführerin bei Unternehmensgrün, einem ökologisch orientiertem Unternehmensverband, rät, sich die Homepage des Unternehmens anzusehen. Gibt es dort einen eigenen Menüpunkt zum Thema Nachhaltigkeit? Dort könne man dann etwa erfahren, ob der Betrieb einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht erstellt, ob es Produkte mit etablierten Nachhaltigkeitssiegeln herstellt oder ob das Unternehmen mit einem Umweltmanagement-System arbeitet.
«Wenn Sie beispielsweise lesen, dass das Unternehmen EMAS-zertifiziert ist, können Sie sich ziemlich sicher sein, dass es den Umweltschutz ernst meint», so Reuter. Diese Zertifizierung erhalten Unternehmen, die nach EU-Verordnung umweltbewusst wirtschaften.
Wann ist ein Unternehmen wirklich grün?
Wichtig sei immer, dass die Nachhaltigkeit auch beim Kernprodukt oder der Kerndienstleistung eines Unternehmens berücksichtigt wird, betont Reuter. «Nur hübsche Corporate Responsibility Maßnahmen drum herum, aber keine echte Nachhaltigkeitsleistung im Kern - das ist Greenwashing.»
Wer sich für das Thema Umweltschutz einsetzen will, kann aber auch selbst mit kleinen Schritten anfangen. «Auch als Auszubildender kann ich im Unternehmen tätig werden und Dinge anschieben», sagt Ostenrath. Wenn der Arbeitgeber mitspielt, könne man seiner Ausbildung mit dieser Art von Engagement oft noch «das Sahnehäubchen» aufsetzen.
Entscheidend sei, den Spagat hinzubekommen - zwischen «ökologischer Klugscheißerei» und der Möglichkeit, eigene kleine Projekte selbst anzustoßen. Der Ausbildungsbetrieb würde nämlich zunächst mal Arbeitsleistung erwarten - keine Revolution. «Es ist nicht klug, sich mit der Ansage zu bewerben: Ich will dich grüner machen.»
Energie-Scouts bringen eigene Ideen ein
Eine Möglichkeit, grüne Ideen und eigene Klimaschutzprojekte im Unternehmen umzusetzen, bietet etwa das Projekt Energie-Scouts, das von der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz der Industrie- und Handelskammern koordiniert wird.
Das Programm ist modular aufgebaut. Die Auszubildenden bekommen in teilnehmenden Unternehmen von externen Experten jeweils eintägige Workshops zu verschiedenen Themen - wie Energieeffizienz, Ressourceneffizienz oder Wasserverbrauch. Auch Kommunikation und Projektmanagement stehen je nach Ausbildung auf dem Plan.
«Am Ende soll eine Projektarbeit stehen, bei der die jungen Leute eine Idee entwickeln, wie man im Unternehmen Ressourcen einsparen kann», erklärt Christoph Petri, DIHK-Projektleiter Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz. Die Azubis haben dann acht bis zwölf Wochen Zeit, um das Projekt zu verwirklichen.
Druckerpapier oder Kühlwasser sparen
Bislang haben nach DIHK-Angaben mehr als 8000 Azubis teilgenommen, die Bandbreite der Projekte ist groß. Sie reicht von Einsparungen beim Druckerpapier über das Aufdecken von Leckagen bis hin zu Ideen, wie mit Flusswasser Maschinen gekühlt werden können, um den Wasserverbrauch eines Betriebs zu reduzieren.
Die Azubis würden besonders die Möglichkeit schätzen, ein eigenes Projekt entwickeln zu können, sagt Petri. Das führt auch dazu, dass die Nachwuchskräfte im Unternehmen anders wahrgenommen werden. Und so haben beide Seiten etwas von den Ideen.
Wer Energie-Scout werden möchte, sollte das beim Ausbildungsverantwortlichen oder bei der Geschäftsführung im Betrieb ansprechen. Das Unternehmen kann sich mit der regionalen Industrie- und Handelskammer in Verbindung setzen und die Kooperation starten.
Von Amelie Breitenhuber, dpa